Ich hab ja neuerdings einen echten Koch-Tick und muss – mindestens! – einmal die Woche Sushi machen. Ich muss einfach, weil dabei das Handwerkliche so wunderbar mit der unnachahmlichen Frische der Produkte und der appetitlichen Optik uuuuuuuund dem unglaublich leckeren Geschmack aufeinandertrifft. Und über Japan, frischen Fisch, Algen und unglaublich scharfen Wasabi bin ich in China gelandet, wo man aus schlichtem Schweinebauch, den man hierzulande eher von der Schlachtplatte oder vom Grill kennt, ein sowas von aromatisches und feines Gericht zaubert, dass ich restlos begeistert bin.
家常紅燒肉 oder auch Hong Shao Rou heißt diese asiatische Köstlichkeit. Und im Netz gibts dazu unzählige Rezepte. Jede chinesische Familie, so wird berichtet, bereitet das Gericht anders zu. Wer das nachkochen will, tut gut daran, sich mehrere Versionen anzusehen, um sich diejenige auszusuchen, die ihr/ihm am meisten zusagt. Zusammengefasst wird der Schweinebauch mit vielen Aromaten erst gekocht, dann angebraten und schließlich lange im Ofen im Sud geschmort. Am Ende ist das Fleisch butterweich, appetitlich rötlich-braun, glasiert und im Geschmack süsslich-scharf. Es hat wirklich kaum mehr etwas zu tun mit dem tranig-fetten Bauch, den man sonst so kennt.
Was mir bei allen Rezepten, die ich angesehen habe, fehlt – das ist ein knackiger, frischer Gegenspieler zum weichen Fleisch. Ein Gemüse mit Biss oder vielleicht sogar ein Krautsalat, dessen Säure im Kontrast zur Süße steht. Aber das kann ja tatsächlich jeder machen, wie er mag. Ich halte mich beim Kochen ohnehin niemals streng ans Rezept (deshalb kann ich auch absolut nicht backen), sondern variiere und entwickle eine eigene Machart.
Was auf jeden Fall in Hong Shao Rou reingehört:
Sternanis, Zimt, Muskatnuss, Lorbeer, chin. Kochwein, helle und dunkle Sojasauce, Ingwer, Knoblauch, rote Chilli, brauner Kandiszucker, karamellisiert, Frühlingszwiebeln satt und Schweinebauch, der in diesen wunderbaren Aromata so lange geschmurgelt wird, dass das Gericht auch „Melt in your Mouth Porky Belly That Makes you go mhhhhhhh“ genannt wird.
Am Ende all der Mühe bleibt butterweiches Fleisch, eine Geschmacksexplosion und eine seidig-glänzende, super leckere Sauce.
Soulfood deshalb, weil im Augenblick die Küche, das Kochen etwas ablenken mag von der fürchterlichen Weltenlage und der Enge und Eintönigkeit im Home-Office. Wenn es dann am Abend plötzlich asiatisch oder provenzalisch oder italienisch oder arabisch oder griechisch oder türkisch im Haus duftet, dann ist das immer ein bisschen wie ein kleiner Kurzurlaub.
(Foto: Handy)
Hier wird das prima vorgekocht.
请您用餐 - Qǐng nín yòngcān - Guten Appetit!